Multisensorisches Marketing Teil 2
Geht’s noch ein bisschen emotionaler?
Es gibt einen alten Maklertrick und der geht so: Wer ein Familienheim verkaufen will, backe vor dem Besichtigungstermin ein Blech frische Plätzchen. Kein Duft weckt beim Kunden eine stärkere Assoziation von Zuhause, Kindheit und Behaglichkeit wie ofenfrische Backware. Weil dieses olfaktorische Argument ein so effektiver Kaufimpulsverstärker ist, gibt es den Duft sogar als Raumspray. Für Experten des sensorischen Marketings ist das keine Überraschung. Für sie ist Marketingkommunikation ohne die Einbeziehung verschiedener Sinnesorgane wie Hören, Sehen, Fühlen oder Riechen eine Art „Kaspar-Hauserisierung“ des Kunden, also eine grobe Beschneidung seiner sinnlichen Markenwahrnehmung.
Warum aber ist das so ausschlaggebend? Wissenschaftler schätzen, dass wir bis zu 95 % unserer Entscheidungen unterbewusst treffen. Das Unterbewusstsein ist es, das dem Verstand Argumente zur Rechtfertigung einer Kaufentscheidung gibt. Die rationale Pro- und Contraliste zum Neuwagenkauf kann erheblich durch das Fühl- und Riecherlebnis bei der Probefahrt ins Wanken geraten. Multisensorisches Marketing macht sich das Wissen um die Funktionsweise unserer inneren Schaltzentrale zunutze und übermittelt seine Botschaften daher gezielt an mehrere Sinne gleichzeitig. In Zeiten von Reizüberflutung und Produktschwemme genießen multisensorisch beworbene Marken eine höhere Aufmerksamkeit, weil sie sich effektiver, nachhaltiger und emotionaler differenzieren. Im besten Falle schaffen sie das entlang der gesamten Customer Journey, jenem Weg, den der Kunde in seiner Konsumbiografie durchläuft und auf dem er in Berührung mit Marken- und Produktwelten kommt. Wundert es da, dass der größte produzierende Konzern der Welt eigens eine interne Abteilung mit dem Namen „multisense“ eingerichtet hat?
Und noch etwas anderes wiegt schwer. In der digitalen Gegenwart wächst das Bedürfnis nach sinnlichem Erleben. Das digitale Produktbild beim Online-Shopping ersetzt nicht das Berühren und Riechen an der Kaffeepackung, eine Skype-Session nicht die Umarmung mit dem besten Freund. Das Ergebnis: Print als haptische Kommunikationsform, ob als Verpackung oder persönliches Anschreiben, wird zum High-Touch-Moment in der strategischen Kommunikation. Fragen Sie mal Ihre Fingerspitzen!